Artenfülle im Münster Land – 23.-25. Oktober 2023

Am Montag begann unser Pilzkurs im Hotel zur Prinzenbrücke in Münster, den Benedikt van Acken des KAB Diözesanverbandes Paderborn e.V. organisiert hat. Bei unserer ersten kleinen Exkursion im Park haben wir bereits viele Arten finden können, die hier beim Naturgucker eingetragen sind. Besonders beeindruckt hat uns der Klapperschwamm (Grifola frondosa), ein Vitalpilz der auch Maitake genannt wird. 

Interessant war auch die Variabilität der hygrophanen Hüte der Violetten Lacktrichterlinge (Laccaria amethystina). Mit zunehmender Trockenheit werden sie immer heller. Das haben sie mit ihren essbaren „Verwechslungspartnern“, dem giftigen Rettich-Helmling (Mycena pura) gemein. Sie unterscheiden sich vor allem durch deren namensgebenden Geruch nach Rettich, der den Lacktrichterlingen fehlt, sowie den unterschiedlich gefärbten Lamellen. Beim Rettich-Helmling sind sie weißlich, während sie beim Lacktrichterling genauso violett gefärbt sind wie die Hüte von oben. Abends haben wir unsere Funde dann in kleinen Gruppen nachbestimmt und systematisch sortiert. Einige Arten haben wir für einen Sporenabdruck ausgelegt, da die Sporenpulverfarbe wesentlich für die Zuordnung ist. Unser systematisches Poster hilft bei der Einteilung und mit dem Rätselpfad können erste Bestimmungen vorgenommen werden.

Am zweiter Tag haben wir eine Exkursion in die Hohe Ward gemacht. Dort haben wir sogar einige Echte Pfifferlinge (Cantharellus cibarius) und ein Exemplar ihrer „Verwechslungspartner“, dem Falschen Pfifferling, auch Gabelblättling genannt, gefunden. Von den beliebten Speisepilzen haben wir außerdem Maronen-Röhrlinge und Parasolpilze gefunden. Hier ist es sehr wichtig, dass die Fruchtkörper noch frisch sind und kein verdorbenes Pilzfleisch haben – die häufigste Art der Vergiftung sind zu alte Fruchtkörper von an sich essbaren Arten. Von den Vitalpilzen haben wir Birkenporlinge, Schmetterlings-Trameten (Trametes versicolor) und Schopf-Tintlinge entdeckt. Sie haben wie nahezu alle Vitalpilze vor allem eine immunstabilisierende Wirkung. Was sie darüber hinaus noch zu bieten haben und Vorschläge für die Anwendung sind in diesem Skript nachzulesen. Wir empfehlen auch das Buch von Jürgen Guthmann zu diesem Thema. 

Porlingen sind nicht nur für die Mykotherapie spannend, auch in der Feldmykologie spielen sie eine Rolle. Typische Formen von Zunderschwämmen (Fomes fomentarius), Rotrandigen Baumschwämmen (Fomitopsis pinicola) und Flachen Lackporlingen (Ganoderma applanatum) sind leicht zu erkennen. Doch bei machen Exemplaren ist dies schwierig. Mit dem Feuerzeug lassen sich Rotrandige Baumschwämme leicht unterscheiden, da ihre Kruste beim Erhitzen „schmilzt“ und Blasen wirft, während dies beim Zunderschwamm nie der Fall ist. Mit Lauge färbt sich ein Stück der Kruste des Zunderschwammes rotbraun, während es bei Flachen Lackporlingen gelbbraun wird – auch dies hilft bei der Zuordnung. Lauge und weitere chemische Reagenzien für die Bestimmung gibt es hier. 

Beeindruckt haben uns auch die verschiedenen Wulstlinge (Gattung Amanita). Sie wachsen alle in Partnerschaft mit verschiedenen Laub- und Nadelbäumen. Durch die Form ihrer Knolle und die Ausprägung der Gesamthülle sowie den Geruch lassen sich diese Arten unterscheiden. Wichtig ist dies vor allem bei der Unterscheidung von den essbaren Perlpilzen (Amanita rubescens) von stark giftigen Pantherpilz. Gelbe Knollenblätterpilze (Amanita citrina) lassen sich durch ihren Geruch nach „Kartoffelkeller“ und die instabile Gesamthülle von den tödlich giftigen Grünen Knollenblätterpilzen unterscheiden. Bei letzteren ist die Hülle so stabil, dass sie als Scheide an der dicken Knolle bleibt und keine Hüllreste (Flocken) auf dem Hut zu sehen sind. Gelbe Knollenblätterpilze haben wir mit vielen roten Flecken auf dem Hut gefunden – was das für eine Farbreaktion ist wissen wir leider nicht. Weitere Fotos und unsere Fundliste ist beim Naturgucker eingestellt

Nachmittags und abends haben wir wieder sortiert, gespielt und zugeordnet. Hier gibt es die Testversion unserer geplanten App „Pilze zum Genießen“ als Webversion. Wir freuen uns über eifriges Testen und Rückmeldungen!

Am dritten Tag haben wir uns das Erholungsgebiet am Hiltruper See unter die Lupe genommen. Meistfotografierter Star des Tages war ein kleiner „Orakelpilz“, der Gestreifte Teuerling (Cyathus striatus). Wenn sich die „Deckel“ der topfförmigen Pilze öffnen, geben sie die wie Geldstücke aussehenden Sporenpakete im Innern frei. Bei Feuchtigkeit gibt es viele dieser winzigen Pilzchen mit vielen Sporenpaketen – das konnte nur auf eine schlechte Ernte und teure Preise hindeuten. In Schweden werden sie übrigens „Brotkorbpilze“ genannt. In dem „Körbchen“ liegen die „Brötchen“ – kleine, linsenförmige Sporenpakete, die nicht stäuben und vom Regen als Ganzes herausgeschleudert werden. Sie werden auch von Vögeln verspeist, die sie für Samen halten. Die Sporen überstehen die Darmpassage unbeschadet und werden so verbreitet.

Wie in den anderen Gebieten auch, gab es einige weißmilchende Milchlinge, die für unsere Speisegewohnheiten Pilze zu essen nicht verwertbar sind. Doch in der östlichen und nordischen Pilzküche gibt es einige schmackhafte Formen sie zuzubereiten. Außerdem haben wir ein Hexenei, die Jungform der Stinkmorchel (Phallus impudicus) verköstigt, Grünblättrige SchwefelköpfeSchmarotzer-Röhrlinge und Halskrausen-Erdsterne bewundert und viele weitere interessante Arten entdeckt, die beim Naturgucker eingetragen sind.

Die T-Shirts mit meinen Zeichnungen, wie wir sie getragen haben, findet ihr hier und eine Anleitung dazu in diesem Video, Dann könnt ihr die Motive auf eure Bedürfnisse anpassen. Wer sich weiter mit dem unendlichen Reich der Pilze beschäftigen möchte kann dies auch Online mit der NABU/Naturgucker-Akademie tun. Hier ist neben dem ersten Kurs von uns nun auch der zweite Teil fertig. 

Unser Fazit: Tolle Pilzfunde und tolle Truppe! Ein dickes Dankeschön an alle die dabei gewesen sind und an das immer freundliche und hilfsbereite Personal vom Hotel. Kommt gesund und munter durch den Herbst und Winter!

Rita & Frank
Rita & Frank

Hallo, mein Name ist Rita,

seit meiner Kindheit bin ich gerne in der Natur unterwegs und mache dort unzählige kleine und große Entdeckungen. Die Faszination dieser unerschöpflichen Quelle von bunten Formen, spannenden Beobachtungen und leckeren Pflanzen und Pilzen treibt mich auch heute noch an. Das Biologie-Studium und meine anschließende Promotion mit Schwerpunkt Botanik hat mir einiges an Fachwissen gebracht, doch mich auch nahezu das Staunen und die Ehrfurcht und Demut vor der Schöpfung vergessen lassen – all dies und noch viel mehr habe ich wieder gefunden. Bei verschiedenen Bildungseinrichtungen biete ich Seminare zu Pflanzen und Pilzen an – inzwischen meist zusammen mit meinem Mann Frank. Außerdem male und fotografiere ich gerne was mich selber begeistert und baue dies in unsere Lehrmaterialien und Bücher ein, die ich zusammen mit Frank verfasse und gestalte.

Hallo, mein Name ist Frank,

Vögel haben mich bereits sehr jung fasziniert und seit meiner Jugend begeistere ich mich für Outdoor- und Survival-Aktivitäten, sei es mit dem Kanu in Kanada oder auf verschiedenen Wegen in Skandinavien. Als Zahntechniker ist dies auch ein guter Ausgleich zu meiner ansonsten eher „indoor“ stattfindenden Arbeit. Seit den nun fast 30 Jahren, die Rita und ich gemeinsam in der Natur unterwegs sind, habe ich einiges an Pflanzen- und Pilzkenntnissen hinzu gewonnen. Mein Part in unseren gemeinsamen Seminaren ist es, aufzupassen, dass es nicht zu „akademisch“ wird – und immer wieder allgemeine Fragen zu stellen und „die Bodenhaftung“ zu behalten. So ist aus unseren gemeinsamen Entdeckungen zum Beispiel die Ausbildung zum PilzCoach entstanden.

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