Pilze mit allen Sinnen: Walderlebnis, Mikrokosmos und kulinarischer Genuss – 5. November 2023

Diesen Tag hat Andreas Lackmann für uns organisiert. Um 10 Uhr haben wir uns an der ÖSSM in Winzlar mit den anderen Pilzbegeisterten getroffen. Nach einer kleinen Diashow und Kennenlernrunde ging es in den Klosterwald Loccum, wo uns eine unglaubliche Fülle und Vielfalt von Fruchtkörpern erwartete! Bereits am Parkplatz haben wir einen giftigen Pantherpilz, erste Steinpilze und Birnen-Stäublinge gefunden. Gar nicht so einfach im Wald voran zu kommen, wenn auf Schritt und Tritt etwas zu entdecken ist. 

So haben wir gleich zu Beginn eine Stinkmorchel in allen Altersstufen gefunden: eine Stinkmorchel mit Fliegen darauf, ein gerade „geschlüpftes“ Exemplar und ein junges Hexenei, dass wir direkt an Ort und Stelle erobert haben – es ist eine der wenigen Arten die roh verzehrt werden können.

Neben dem Pantherpilz haben wir weitere tödlich giftige Arten gefunden: Gift-Häublinge und einen Grünen Knollenblätterpilz. Gelbe Knollenblätterpilze waren allerdings viel häufiger und neben ihren Flocken auf dem Hut an ihrem typischen Geruch nach „Kartoffelkeller“ gut zu unterscheiden. Mit einem Sammelkorb mit verschiedenen Fächern, wie der von PilzCoach Nadja Frotscher, können unbekannte und essbare Arten super gesammelt werden. An einem Baumstumpf haben wir 5 Arten entdeckt die zeitgleich Fruchtkörper gebildet haben. Hier waren zwar keine Gift-Häublinge dabei, doch hat es eindrücklich gezeigt, wie eng essbare und giftige Arten neben- und durcheinander wachsen können. An einem gefällten Buchenstumpf konnten wir an den Demarkationslinien das Wirken der Pilze im Holz sehen – und aus dem weichen Holz (Weißfäule) haben wir Kugeln geformt, die getrocknet zu harten „Waldmurmeln“ werden.

Begeistert hat uns auch ein Hexenring aus Nebelkappen – mit ca. 15 m Durchmesser ist der Pilz im Boden etwa 60 Jahre alt. Unsere insgesamt 80 gefundenen Pilzarten sind beim Naturgucker eingetragen. Wieder in der Station angekommen haben wir uns erst einmal mit einem kleinen Snack gestärkt. Das Rezept für die Pilzbutter findet ihr hier zum Nachmachen. Währenddessen hat uns Profikoch Sören ein köstliches Risotto mit Totentrompeten zubereitet. Er hat uns dafür seine früher im Jahr gefundenen Pilze spendiert. Während wir dann unsere Funde sortiert und mit den Stereomikroskopen betrachtet haben, hat er uns nach und nach weitere Pilze zum Verköstigen serviert. Die Violetten Rötelritterlinge waren auch für ihn eine neue Art. Er hat sie einzeln zubereitet, so dass wir sie „pur“ mit nur etwas Salz in Sonnenblumenöl gebraten probieren konnten – perfekt! 

Von den Röhrlingen (Maronen, Rotfuß-Röhrlinge, Steinpilze und Birkenpilze) waren leider einige madig und nicht mehr frisch genug. Vor allem bei den Rotfuß-Röhrlingen ist es wichtig, nur ganz junge und einwandfreie Exemplare zu verwerten, da diese oft bereits sehr jung von dem hochgiftigen Goldschimmel befallen werden. Mit den Stereomikroskopen konnten wir den Goldschimmel sehr gut anschauen, auch wenn er mit bloßem Auge noch nicht sichtbar war. Später werden die Fruchtkörper dann mit einem erst weißen und später goldgelben Schimmelbelag überzogen. Bei den Maronen-Röhrlingen ist neben der ausreichenden Garzeit ebenso wichtig, dass die Fruchtkörper noch frisch sind und kein verdorbenes Pilzfleisch haben – die häufigste Art der Vergiftung sind zu alte Fruchtkörper von an sich essbaren Arten

Doch nicht nur der Goldschimmel hat uns im Detail begeistert. Von dunklen Lamellenschneiden beim Schwarzschneidigen Rettich-Helmling über die weißen Punkte auf dem Hut des Fliegenpilzes, die dunklen Sporen zwischen den gelblichen Lamellen der Schwefelköpfe, bis zum köpfchenförmigen Schimmel auf Helmlingen gab es viel zu entdecken und zu bestaunen – eine ganz eigene Mikrowelt für sich. Zur Nachmittagspause haben wir den genial leckeren Kakao mit Stachelbart von Andreas verköstigt – er hat auch dem veganen Kuchen sein köstliches Aroma verliehen! Ebenso gesund aber nicht jedermanns Geschmack war dagegen der Kombucha, ein Vitalpilzgetränk, das aus fermentiertem, gesüßten koffeinhaltigen Tee hergestellt wird. Der „Scoby“ (auch Kombuchapilz oder Teepilz genannt)  kann auch kreativ eingesetzt werden. Zum Bestimmen gab es unseren Rätselpfad und wer es lieber digital angehen möchte, kann hier die Testversion unserer geplanten App „Pilze zum Genießen“ als Webversion ausprobieren. Wir freuen uns über eifriges Testen und Rückmeldungen!

Wer sich weiter mit dem unendlichen Reich der Pilze beschäftigen möchte kann dies auch Online mit der NABU/Naturgucker-Akademie tun. Hier ist neben dem ersten Kurs von uns nun auch der zweite Teil fertig. 

Es war ein toller Tag voller Pilzgenuss mit allen Sinnen. Danke an die ÖSSM für die Räumlichkeiten, Andreas für die gute Organisation samt Salat, Kakao und Kuchen. Sören für die kulinarische Begleitung und euch allen, die ihr dabei gewesen seid für eure Begeisterung und die vielen tollen Pilzfunde!

Danke Andreas für die Fotos und Videos!

Nun gibt es noch eine kleine Bildershow mit Eindrücken von Edyta Pawlak-Grabmann (auf dem zweiten Bild fotografiert von Johanna) – vielen Dank fürs Dabeisein und Einfangen unserer Funde und Erlebnisse!

Rita & Frank
Rita & Frank

Hallo, mein Name ist Rita,

seit meiner Kindheit bin ich gerne in der Natur unterwegs und mache dort unzählige kleine und große Entdeckungen. Die Faszination dieser unerschöpflichen Quelle von bunten Formen, spannenden Beobachtungen und leckeren Pflanzen und Pilzen treibt mich auch heute noch an. Das Biologie-Studium und meine anschließende Promotion mit Schwerpunkt Botanik hat mir einiges an Fachwissen gebracht, doch mich auch nahezu das Staunen und die Ehrfurcht und Demut vor der Schöpfung vergessen lassen – all dies und noch viel mehr habe ich wieder gefunden. Bei verschiedenen Bildungseinrichtungen biete ich Seminare zu Pflanzen und Pilzen an – inzwischen meist zusammen mit meinem Mann Frank. Außerdem male und fotografiere ich gerne was mich selber begeistert und baue dies in unsere Lehrmaterialien und Bücher ein, die ich zusammen mit Frank verfasse und gestalte.

Hallo, mein Name ist Frank,

Vögel haben mich bereits sehr jung fasziniert und seit meiner Jugend begeistere ich mich für Outdoor- und Survival-Aktivitäten, sei es mit dem Kanu in Kanada oder auf verschiedenen Wegen in Skandinavien. Als Zahntechniker ist dies auch ein guter Ausgleich zu meiner ansonsten eher „indoor“ stattfindenden Arbeit. Seit den nun fast 30 Jahren, die Rita und ich gemeinsam in der Natur unterwegs sind, habe ich einiges an Pflanzen- und Pilzkenntnissen hinzu gewonnen. Mein Part in unseren gemeinsamen Seminaren ist es, aufzupassen, dass es nicht zu „akademisch“ wird – und immer wieder allgemeine Fragen zu stellen und „die Bodenhaftung“ zu behalten. So ist aus unseren gemeinsamen Entdeckungen zum Beispiel die Ausbildung zum PilzCoach entstanden.

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