Auf den Spuren von Bocksdickfuß, Zungenkernkeule und Ziegenfuß-Porling – NABU|naturgucker-Reise in den Bayerischen Wald vom 20.-24.08.2024

Diese Woche verbringen wir mit Pilzbegeisterten wie uns im wunderschönen Bayerischen Wald. Am Dienstag geht es los mit einer kleinen Wanderung direkt vom Hotel aus. Felix hat dort bereits vor unserer Ankunft eine beeindrucken großen Flachen Lackporling (Ganoderma applanatum) gefunden, den wir dann gemeinsam bestaunen. Er wird auch „Disgners mushroom“ genannt, da er als „Schreibtafel“ benutzt und lässt in zauberhafte Kunstwerke verwandelt werden kann. Schleimpilze haben wir auch gefunden. Wer sich näher mit ihnen beschäftigen möchte, empfehlen wir den Film von Karl-Heinz Baumann, der zwar schon einige Jahre alt aber durch die Zeitrafferaufnahmen immer noch sehenswert ist. Frauen-Täublinge begegnen uns in den verschiedensten Farbvariationen. Unsere weitere Funde und einige Fotos sind hier beim Naturgucker eingetragen. Abends untersuchen wir einige Funde mit unseren Stereomikroskopen und anhand weiterführender Literatur.

Mittwoch geht es nach Guglöd, eine kleine Enklave des Nationalparks mit mageren Wiesen und altem Baumbestand. Der Zunderschwamm (Fomes fomentarius), ein weiterer mehrjähriger Porling, passt perfekt in dieses Habitat. Er wird für wildlederartige Artikel und zum Auffangen von Funken verwendet. In Rumänien gibt es noch ein altes Kunsthandwerk, dass Produkte aus Zunderschwamm herstellt. Von Rotrandigen Baumschwämmen (Fomitopsis pinecola), denen die typische Zuwachskante fehlt, lässt er sich leicht unterscheiden, da seine Kruste mit dem Feuerzeug keine Blasen wirft. Ein unscheinbares Stück schwarzes Holz ist bei näherer Begutachtung beeindruckend:  durch die Zersetzungsarbeit von Saitenstieligen Knoblauchschwindlingen (Mycetinis alliaceus) duftet es stark nach Knoblauch. Da es außerdem von Holzkeulen zersetzt wird, zeigt es zudem ein hübsches Muster. Unsere Artenliste und weitere Fotos gibt es wieder hier beim Naturgucker zu sehen.

Dass Giftpilze erkennen ganz einfach ist, schauen wir uns Abends mit der Episode von „Frühstück mit Stefanie“ an. Außerdem vergleichen wir die Fundmeldungen zu verschiedenen Pilzarten auf der Naturgucker-Plattform und pilze.deutschland.de. Danks Verenas Freude an der Pilzzubereitung können wir einige Pilzarten auch einzeln kulinarisch ausprobieren.

Unser nächstes Exkursionsgebiet „Einberg“ bei Rosenau ist ein alten Bauernwald mit Buche, Fichte, Kiefer und Tanne, durchzogen von einem idyllischen Bächlein. Hier gibt es ein besonderes Erlebnis, da uns Peter mit seinem Trüffelhund Leo begleitet. Als wir dort ankommen haben beide bereits eine Morcheltrüffel (Gautiaria villosa var. inflata) und und Hirschtrüffeln (Elaphomyces asperulus) gefunden. Peter gibt uns eine Einführung in dieses spannende Gebiet der Pilzkunde und dann gehen wir gemeinsam auf Trüffelsuche. Essbare Arten sind in diesem kalkarmen Gebiet nicht zu erwarten, doch die Begeisterung ist groß, Leo und Peter in Aktion zu erleben. Es dauert nicht lange und schon hat Leo eine Hirschtrüffel ausgegraben. Viele von ihnen sind von den parasitisch auf ihnen wachsenden Zungenkernkeulen (Elaphocordyceps ophioglossoides) befallen. Diese sind durch die aus dem Erdboden herausschauenden Fruchtkörper auch für uns ohne die Spürnase des Hundes zu finden.

Auch sonst gibt es hier einige der für diesen Lebensraum typischen seltenen Mykorrhizapilze stickstoffarmer, traditionsreicher Habitate zu finden, wie beispielsweise die Orangeroten Korkstachelinge (Hydnellum aurantiacum). Eine Info zu Bauernwäldern dieser Art ist hier nachzulesen und hier ist sein Vortrag zu diesem Thema zu sehen. Infos zu Basenzeigern im Bayerischen Wald haben wir von Peter ebenfalls bekommen. Wer mehr von ihm über Trüffeln erfahren möchte, dem empfehlen wir seinen kostenlosen Online-Vortrag bei der NABU/Naturgucker-Akademie. Es gibt auch zwei allgemeine Pilzkurse dort, die wir gemeinsam erstellt haben.  Hier könnt ihr nachlesen, wie wir als Feldmykologen unterwegs sind. 

Unsere nächste Exkursion geht in die Steinklamm bei Spiegelau. Auch auf dem schmalen Weg an der Großen Ohe entlang gibt es einiges zu entdecken – mykologisch ausschwärmen können wir jedoch erst nachdem wir die Klamm entlang gewandert sind. Zunächst sind wir jedoch entsetzt, dass selbst in diesem wertvollen Lebensraum einige Flächen der Waldwirtschaft mit ihren Holzvollernter weichen mussten. Damit wird das Waldklima auch für die angrenzenden Flächen auf Jahrzehnte gestört und der Boden nachhaltig verdichtet. Ein Problematik, über die wir bereits intensiv mit Prof. Dr. Hannes Knapp diskutiert haben. Dieses Jahr finden wir hier allerdings tolle und seltene Pilzarten wie die Semmel- (Albatrellus confluens) und Ziegenfuß-Porlinge (Albatrellus pes-caprae). Ebenfalls selten und RL2 ist der Flachbärlapp (Diphasiastrum complanatum), der hier ebenfalls vorkommt – ein kleiner botanischer Exkurs, der uns begeistert. Hier ist unsere Artenlist beim Naturgucker, wieder mit einigen Fotos unserer Funde. Abends wird wieder nachbestimmt, mit Stereomikroskop angeschaut und auch außerhalb der Pilzkunde ausgetauscht – so bestätigt Stefan Wehr das Foto von Felix Riegel sicher als Dreizehenspecht – auch ein Highlight für den Bayerischen Wald.

Am letzten Tag gibt es noch eine kleinen Exkursion in das Waldgebiet bei Spiegelau, wo wir bereits am ersten Tag gestartet sind. Diesmal entdecken wir zahlreiche Herbst-Trompeten (auch Totentrompete genannt, Craterellus cornucopioides). Sind erst einmal die ersten unscheinbaren Fruchtkörper im Laub entdeckt, gibt es meist rund herum immer mehr von ihnen zu finden. Leider war auch hier unsere Freude getrübt von der Feststellung, dass einige kleine idyllische Wanderwege als Zuwegung für die Vollernter verwendet wurden und ihren Charme verloren haben. Dennoch haben wir zahlreiche Pilzfunde machen können, die wieder hier beim Naturgucker eingetragen sind.

Fazit: vielen Dank allen Teilnehmenden für eure Entdeckerfreude und Begeisterung für die Natur. Wir wünschen euch noch eine schöne Herbstzeit voller Pilzfunde und spannender Naturerlebnisse. 

Rita & Frank
Rita & Frank

Hallo, mein Name ist Rita,

seit meiner Kindheit bin ich gerne in der Natur unterwegs und mache dort unzählige kleine und große Entdeckungen. Die Faszination dieser unerschöpflichen Quelle von bunten Formen, spannenden Beobachtungen und leckeren Pflanzen und Pilzen treibt mich auch heute noch an. Das Biologie-Studium und meine anschließende Promotion mit Schwerpunkt Botanik hat mir einiges an Fachwissen gebracht, doch mich auch nahezu das Staunen und die Ehrfurcht und Demut vor der Schöpfung vergessen lassen – all dies und noch viel mehr habe ich wieder gefunden. Bei verschiedenen Bildungseinrichtungen biete ich Seminare zu Pflanzen und Pilzen an – inzwischen meist zusammen mit meinem Mann Frank. Außerdem male und fotografiere ich gerne was mich selber begeistert und baue dies in unsere Lehrmaterialien und Bücher ein, die ich zusammen mit Frank verfasse und gestalte.

Hallo, mein Name ist Frank,

Vögel haben mich bereits sehr jung fasziniert und seit meiner Jugend begeistere ich mich für Outdoor- und Survival-Aktivitäten, sei es mit dem Kanu in Kanada oder auf verschiedenen Wegen in Skandinavien. Als Zahntechniker ist dies auch ein guter Ausgleich zu meiner ansonsten eher „indoor“ stattfindenden Arbeit. Seit den nun fast 30 Jahren, die Rita und ich gemeinsam in der Natur unterwegs sind, habe ich einiges an Pflanzen- und Pilzkenntnissen hinzu gewonnen. Mein Part in unseren gemeinsamen Seminaren ist es, aufzupassen, dass es nicht zu „akademisch“ wird – und immer wieder allgemeine Fragen zu stellen und „die Bodenhaftung“ zu behalten. So ist aus unseren gemeinsamen Entdeckungen zum Beispiel die Ausbildung zum PilzCoach entstanden.

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