Tintenfisch und Korallen im Bayerischen Wald – Naturgucker Fokusreise vom 29. August bis 2. September

Am Dienstag haben wir uns mit den pilzbegeisterten Teilnehmern der Naturgucker-Reise in Spiegelau im Hotel Tannenhof getroffen. Gemeinsam haben wir dann einige tolle Funde im Bayerischen Wald gemacht.

Unsere erste kleine Exkursion ging in das umliegende Waldgebiet, montaner Bergwald mit überwiegend Fichten, Tannen und Buchen. Hier gab es einiges zu entdecken. Besondere Begeisterung haben die Herbst-Trompeten (auch Totentrompete genannt, Craterellus cornucopioides) ausgelöst. Nachdem die ersten unscheinbaren Fruchtkörper im Laub entdeckt wurden, haben wir rund herum immer mehr von ihnen finden können. In den folgenden Tagen haben wir fünf weitere Arten aus der Familie der Leistlinge entdeckt: Neben Echten Pfifferlingen (Cantharellus cibarius) auch Samt- (Cantharellus friesii) und Amethyst-Pfifferlinge (Cantharellus amethysteus) sowie Trompeten-Pfifferlinge (Craterellus tubaeformis) und Krause Kraterellen (Craterellus undulatus). Es sind allesamt essbare Arten, allerdings stehen auch alle Vertreter dieser Verwandtschaft unter Naturschutz und dürfen nur für den Eigenbedarf gesammelt werden! Unsere Artenliste und einige Fotos sind hier beim Naturgucker eingetragen.

Am Mittwoch sind wir nach Guglöd gefahren, eine kleine Enklave des Nationalparks. Wie schon am Tag zuvor konnten wir viele orange Farbtupfen des Klebrigen Hörnlings (Calocera viscosa) entdecken. Dieser Pilz sieht aus wie eine Koralle aus dem Meer. Dabei gehört er nicht einmal zur Gruppe der Korallen. Mit seinem gallertigen Fleisch gehören diese auch „Zwergenfeuer“ genannten, leuchtend orangefarbenen Fruchtkörper einem Gallertpilz. Ganz anders „unsere“ Becherkoralle (Artomyces pyxidatus). Ein Erstfund für uns und auch für den Bayerischen Nationalpark! Mit ihren becherförmig verzweigten Spitzen ist sie unverkennbar und unglaublich hübsch. Eine weitere „echte“ Koralle mit brüchigem Fleisch konnten wir nicht bis zur Art bestimmen, doch hübsch war sie allemal. Am nächsten Tag haben wir auch eine weitere und diesmal essbare Koralle gefunden, die Krause Glucke (Sparassis crispa). Unsere Wanderung führte uns durch wunderschöne Extensivwiesen, auf denen wir neben einer Artenfülle an Wildkräutern auch Kegelige Saftlinge (Hygrocybe conica) und Dreifarbige Schwindlinge (Marasmiellus tricolor) gefunden haben. Unsere Artenlist und weitere Fotos gibt es wieder hier beim Naturgucker zu sehen.

Unser nächstes Exkursionsgebiet „Einberg“ bei Rosenau ist ein alten Bauernwald mit Buche, Fichte, Kiefer und Tanne, durchzogen von einem idyllischen Bächlein. Neben den für diesen Lebensraum typischen seltenen Mykorrhizapilze stickstoffarmer, traditionsreicher Habitate wie Korkstachelinge (Gattung Hydnellum) und Schafporlinge (Gattung Albatrellus) haben es uns auch die vielen Tintenfische angetan, die wir an einem Kompostlagerplatz entdeckt haben. Interessant für uns war die Entdeckung, dass die ganz jungen Hexeneier noch keinerlei rote Farbtöne zeigen – damit konnten wir dann auch die am Tag zuvor entdeckten Eier sicher dieser Art zuordnen. Eines der aufplatzenden Eier haben wir mitgenommen und weiter beobachtet. 

Am Freitag sind wir durch die Steinbachklamm bei Spiegelau gewandert – eine idyllische Schlucht mit vielen Felsen voller Moosen, Flechten und Farnen. Im Waldgebiet etwas oberhalb der Klamm konnten wir zum Sammeln ausschwärmen und wieder tolle Funde machen. Hier hat uns vor allem der Strubbelkopf-Röhrling (Strobilomyces strobilaceus) mit seinem rötenden Fleisch fasziniert. Er ist einer der wenigen Röhrlinge mit einer Teilhülle, die jung die Röhren verdeckt. An seinem strubbeligen, düsteren Aussehen ist er leicht zu erkennen – wie alle Röhrlinge lebt er als Symbiosepartner mit Bäumen im „Wood-Wide-Web“ vernetzt. Hier ist wieder unsere Artenlist beim Naturgucker. Abends haben wir uns den Film „Fantastic Fungi“ angeschaut, „Andreas Haases Pilzeraten“ gespielt und Tattoos ausprobiert.

Am Samstag haben wir noch einmal den Wald zu Fuß vom Hotel aus erkundet und unglaublich viele Gallenröhrlinge entdeckt. Sie waren ebenso wie ihre bitteren Verwandten, die Schönfuß-Röhrlinge, viel häufiger als die schmackhaften Steinpilz- und Hexenröhrlings-Arten. Unsere Funde sind hier beim Naturgucker eingestellt.

Nachmittags haben wir unsere Funde mit den Stereomikroskopen unter die Lupe genommen und die Mikrowelt bewundert. Da gibt es so unendlich viel zu entdecken, von den kleinen Tierchen die uns „nebenbei“ zugewunken haben, über die Schönheit der Lamellen der Holzritterlinge bis zu den Schuppen der Schirmlinge und die Röhren des Strubbelkopfes – eine Welt für sich, die selbst bekannte Dinge aus einer völlig anderen Perspektive neu erleben lässt. Währenddessen hat Sylvina einige der bemerkenswertesten Funde in wunderschönen Aquarellen festgehalten. Was für eine tolle Erinnerung an diese gemeinsamen Tage voller Entdeckungen und Naturerlebnissen. 

Vielen Dank Christa für die Organisation und Begleitung, euch die ihr dabei gewesen seid für eure Begeisterung, eure Freude am gemeinsamen Erleben und Entdecken und nicht zuletzt „Mutter Natur“ für die vielen schönen Pilzfruchtkörper die sie hat sprießen lassen! 

Rita & Frank
Rita & Frank

Hallo, mein Name ist Rita,

seit meiner Kindheit bin ich gerne in der Natur unterwegs und mache dort unzählige kleine und große Entdeckungen. Die Faszination dieser unerschöpflichen Quelle von bunten Formen, spannenden Beobachtungen und leckeren Pflanzen und Pilzen treibt mich auch heute noch an. Das Biologie-Studium und meine anschließende Promotion mit Schwerpunkt Botanik hat mir einiges an Fachwissen gebracht, doch mich auch nahezu das Staunen und die Ehrfurcht und Demut vor der Schöpfung vergessen lassen – all dies und noch viel mehr habe ich wieder gefunden. Bei verschiedenen Bildungseinrichtungen biete ich Seminare zu Pflanzen und Pilzen an – inzwischen meist zusammen mit meinem Mann Frank. Außerdem male und fotografiere ich gerne was mich selber begeistert und baue dies in unsere Lehrmaterialien und Bücher ein, die ich zusammen mit Frank verfasse und gestalte.

Hallo, mein Name ist Frank,

Vögel haben mich bereits sehr jung fasziniert und seit meiner Jugend begeistere ich mich für Outdoor- und Survival-Aktivitäten, sei es mit dem Kanu in Kanada oder auf verschiedenen Wegen in Skandinavien. Als Zahntechniker ist dies auch ein guter Ausgleich zu meiner ansonsten eher „indoor“ stattfindenden Arbeit. Seit den nun fast 30 Jahren, die Rita und ich gemeinsam in der Natur unterwegs sind, habe ich einiges an Pflanzen- und Pilzkenntnissen hinzu gewonnen. Mein Part in unseren gemeinsamen Seminaren ist es, aufzupassen, dass es nicht zu „akademisch“ wird – und immer wieder allgemeine Fragen zu stellen und „die Bodenhaftung“ zu behalten. So ist aus unseren gemeinsamen Entdeckungen zum Beispiel die Ausbildung zum PilzCoach entstanden.

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