Dieses Wochenende verbringen wir bei schönstem Sommerwetter im Allgäu. Am Samstagvormittag beginnt unser Streifzug durch den bunten Garten von artemisia. Zwischen Kräuterduft und Sommersonne widmen wir uns der spannenden Welt der Doldenblütler – eine Pflanzenfamilie, die wegen ihrer ätherischen Öle viele Küchen-, Heil- und Duftpflanzen enthält – allerdings auch tödlich giftige Vertreter.



Gemeinsam üben wir das Zählen der Fiederungen, also wie oft die Blätter unterteilt sind – eine zentrale Fähigkeit bei der Bestimmung dieser oft so ähnlichen Arten, deren botanische Bestimmung wir dann zurück im Seminarraum angehen. Dank der Stereomikroskope erleben wir die Schönheit der Doldenblütler auf eine ganz besondere, eindrucksvolle Weise. Feinste Details, die dem bloßen Auge oft verborgen bleiben, werden sichtbar – von filigranen Fruchtansätzen bis zu kleinen Härchen und Blattstrukturen. Hier unsere Artenliste:
- Süßdolde (Myrrhis odorata)
- Giersch (Aegopodium podagraria)
- Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium)
- Meisterwurz (Peucedanum ostruthium)
- Echte Engelwurz (Angelica archangelica)
- Wilde Möhre (Daucus carota)
Am Nachmittag widmeten wir uns nochmals gezielt der Echten Engelwurz, die bei artemisia angebaut wird – eine beeindruckende Heilpflanze mit großer botanischer und kulturhistorischer Bedeutung.




Jede einzelne Blüte verändert sich im Laufe ihrer Entwicklung von der Knospe über die volle Blüte bis hin zur Fruchtreife. Bei den Doldengewächsen reifen zuerst die männlichen Staubblätter heran und dann entfalten sich die Griffel in der Mitte der Blüte um den von einer anderen Pflanze herangetragenen Blütenstaub zu empfangen. Danach reifen die Früchte und einige ihrer typischen Merkmale wie Rippen, Borsten oder Flügel werden erst reif deutlich sichtbar. Hier liefert das mitgebrachte Doldensamen-Herbarium eine gute Hilfe zum Vergleichen der unterschiedlichen Arten. Ein schönes Beispiel dafür ist die Schwanenblume, bei der alle Blütenelemente etwas größer und deutlich sichtbar sind. Sie hat zwar einen doldigen Blütenstand, gehört allerdings nicht zu den Doldenblütlern, sondern in eine ganz eigene Familie. Wir haben sie gleich zu Beginn unserer kleinen Exkursion am Sonntag angeschaut. Danach geht es in den schattigen Wald, wo wir neben Giersch auch Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris), Wiesen-Bärenklau und Rauhaarigen Kälberkropf (Chaerophyllum hirsutum) und Wiesen-Kümmel (Carum carvi) finden.




Außerdem beschäftigen wir uns mit den von einigen Teilnehmenden mitgebrachten Pflanzen, die wir wiederum mit den Stereomikroskopen genau betrachten, vergleichen und bestimmen:
- Liebestöckel (Levisticum officinale)
- Koriander (Coriandrum sativum)
- Mannstreu (Eryngium alpinum)
- Große Sterndolde (Astrantia major)
- Wald-Engelwurz (Angelica sylvestris)
Anhand von Wiesen-Kerbel und Kälberkropf wird deutlich, wie klein und fein die Unterschiede zwischen den einzelnen Arten und Gattungen oft sind. Beim Erkennen der gefährlichsten Vertreter dieser Familie, dem Gefleckten Schierling, Hundspetersilie und Wasserschierling helfen die rundlichen Früchte und der kahle Stängel. Der Geruch kann dabei ein Hinweis sein – ist aber nicht immer zuverlässig, da er auch gänzlich fehlen kann. Und auch die oft erwähnten roten Flecken am Stängel sind kein eindeutiges Kriterium, da sie von Anthocyanen verursacht werden und mehr als „Sonnenschutz“ dienen und je nach Standort auch fehlen können.




Neben den Doldengewächsen haben wir auch gedankliche Ausflüge in die Welt der Pilze unternommen und uns über deren Verwendung als Vitalpilze und Zunderartikel aus Rumänien unterhalten. Als lesenswerte Bücher haben wir „Die Weisheit der Wälder“ und „Geflochtenes Süßgras“ empfohlen.
Wer Lust hat, tiefer in die Welt der Pflanzenfamilien einzutauchen, findet in unseren Online-Kursen reichlich Möglichkeiten. Die Shirts und Produkte mit meinen (Ritas) gezeichneten Motiven, wie wir sie getragen haben, könnt ihr auf eure eigenen Bedürfnisse anpassen. In diesem kurzen und auf andere Art in diesem Video erkläre ich wie das geht. Die Motive zum Download findet ihr hier.
Fazit: Ein ganzes Wochenende lang waren wir mit allen Sinnen unterwegs: Sehen, riechen, fühlen, staunen und lachen. Die Pflanzenwelt offenbarte sich uns in ihrer Vielfalt, Komplexität und Schönheit. Dazu trugen nicht nur die Pflanzen selbst bei, sondern auch die fröhliche Stimmung in der Gruppe. Abgerundet wurde das Erlebnis durch das köstliche, liebevoll zubereitete Essen in der Teestube, das uns verwöhnte. Ein herzliches Dankeschön an das Team von artemisia – für diesen besonderen Ort, der Lernen, Naturerfahrung und Gemeinschaft auf so inspirierende Weise verbindet. Solche Lern- und Lebensorte sind kostbar und zeigen, wie tiefgehendes Wissen und sinnliches Erleben Hand in Hand gehen können.