Mit Lupe und Neugier: Doldenblütler bestimmen bei artemisia im Allgäu – 28. bis 29. Juni 2025

Dieses Wochenende verbringen wir bei schönstem Sommerwetter im Allgäu. Am Samstagvormittag beginnt unser Streifzug durch den bunten Garten von artemisia. Zwischen Kräuterduft und Sommersonne widmen wir uns der spannenden Welt der Doldenblütler – eine Pflanzenfamilie, die wegen ihrer ätherischen Öle viele Küchen-, Heil- und Duftpflanzen enthält – allerdings auch tödlich giftige Vertreter.

Gemeinsam üben wir das Zählen der Fiederungen, also wie oft die Blätter unterteilt sind – eine zentrale Fähigkeit bei der Bestimmung dieser oft so ähnlichen Arten, deren botanische Bestimmung wir dann zurück im Seminarraum angehen. Dank der Stereomikroskope erleben wir die Schönheit der Doldenblütler auf eine ganz besondere, eindrucksvolle Weise. Feinste Details, die dem bloßen Auge oft verborgen bleiben, werden sichtbar – von filigranen Fruchtansätzen bis zu kleinen Härchen und Blattstrukturen. Hier unsere Artenliste:

  • Süßdolde (Myrrhis odorata)
  • Giersch (Aegopodium podagraria)
  • Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium)
  • Meisterwurz (Peucedanum ostruthium)
  • Echte Engelwurz (Angelica archangelica)
  • Wilde Möhre (Daucus carota)

Am Nachmittag widmeten wir uns nochmals gezielt der Echten Engelwurz, die bei artemisia angebaut wird – eine beeindruckende Heilpflanze mit großer botanischer und kulturhistorischer Bedeutung.

Jede einzelne Blüte verändert sich im Laufe ihrer Entwicklung von der Knospe über die volle Blüte bis hin zur Fruchtreife. Bei den Doldengewächsen reifen zuerst die männlichen Staubblätter heran und dann entfalten sich die Griffel in der Mitte der Blüte um den von einer anderen Pflanze herangetragenen Blütenstaub zu empfangen. Danach reifen die Früchte und einige ihrer typischen Merkmale wie Rippen, Borsten oder Flügel werden erst reif deutlich sichtbar. Hier liefert das mitgebrachte Doldensamen-Herbarium eine gute Hilfe zum Vergleichen der unterschiedlichen Arten. Ein schönes Beispiel dafür ist die Schwanenblume, bei der alle Blütenelemente etwas größer und deutlich sichtbar sind. Sie hat zwar einen doldigen Blütenstand, gehört allerdings nicht zu den Doldenblütlern, sondern in eine ganz eigene Familie. Wir haben sie gleich zu Beginn unserer kleinen Exkursion am Sonntag angeschaut. Danach geht es in den schattigen Wald, wo wir neben Giersch auch Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris), Wiesen-Bärenklau und Rauhaarigen Kälberkropf (Chaerophyllum hirsutum) und Wiesen-Kümmel (Carum carvi) finden. 

Außerdem  beschäftigen wir uns mit den von einigen Teilnehmenden mitgebrachten Pflanzen, die wir wiederum mit den Stereomikroskopen genau betrachten, vergleichen und bestimmen:

  • Liebestöckel (Levisticum officinale)
  • Koriander (Coriandrum sativum)
  • Mannstreu (Eryngium alpinum)
  • Große Sterndolde (Astrantia major)
  • Wald-Engelwurz (Angelica sylvestris)

Anhand von Wiesen-Kerbel und Kälberkropf wird deutlich, wie klein und fein die Unterschiede zwischen den einzelnen Arten und Gattungen oft sind. Beim Erkennen der gefährlichsten Vertreter dieser Familie, dem Gefleckten SchierlingHundspetersilie und Wasserschierling helfen die rundlichen Früchte und der kahle Stängel. Der Geruch kann dabei ein Hinweis sein – ist aber nicht immer zuverlässig, da er auch gänzlich fehlen kann. Und auch die oft erwähnten roten Flecken am Stängel sind kein eindeutiges Kriterium, da sie von Anthocyanen verursacht werden und mehr als „Sonnenschutz“ dienen und je nach Standort auch fehlen können.

Neben den Doldengewächsen haben wir auch gedankliche Ausflüge in die Welt der Pilze unternommen und uns über deren Verwendung als Vitalpilze und Zunderartikel aus Rumänien unterhalten. Als lesenswerte Bücher haben wir  „Die Weisheit der Wälder“ und „Geflochtenes Süßgras“ empfohlen. 

Wer Lust hat, tiefer in die Welt der Pflanzenfamilien einzutauchen, findet in unseren Online-Kursen reichlich Möglichkeiten. Die Shirts und Produkte mit meinen (Ritas) gezeichneten Motiven, wie wir sie getragen haben, könnt ihr auf eure eigenen Bedürfnisse anpassen. In diesem kurzen und auf andere Art in diesem Video erkläre ich wie das geht. Die Motive zum Download findet ihr hier.


Fazit: Ein ganzes Wochenende lang waren wir mit allen Sinnen unterwegs: Sehen, riechen, fühlen, staunen und lachen. Die Pflanzenwelt offenbarte sich uns in ihrer Vielfalt, Komplexität und Schönheit. Dazu trugen nicht nur die Pflanzen selbst bei, sondern auch die fröhliche Stimmung in der Gruppe. Abgerundet wurde das Erlebnis durch das köstliche, liebevoll zubereitete Essen in der Teestube, das uns verwöhnte. Ein herzliches Dankeschön an das Team von artemisia – für diesen besonderen Ort, der Lernen, Naturerfahrung und Gemeinschaft auf so inspirierende Weise verbindet. Solche Lern- und Lebensorte sind kostbar und zeigen, wie tiefgehendes Wissen und sinnliches Erleben Hand in Hand gehen können.

Rita & Frank
Rita & Frank

Hallo, mein Name ist Rita,

seit meiner Kindheit bin ich gerne in der Natur unterwegs und mache dort unzählige kleine und große Entdeckungen. Die Faszination dieser unerschöpflichen Quelle von bunten Formen, spannenden Beobachtungen und leckeren Pflanzen und Pilzen treibt mich auch heute noch an. Das Biologie-Studium und meine anschließende Promotion mit Schwerpunkt Botanik hat mir einiges an Fachwissen gebracht, doch mich auch nahezu das Staunen und die Ehrfurcht und Demut vor der Schöpfung vergessen lassen – all dies und noch viel mehr habe ich wieder gefunden. Bei verschiedenen Bildungseinrichtungen biete ich Seminare zu Pflanzen und Pilzen an – inzwischen meist zusammen mit meinem Mann Frank. Außerdem male und fotografiere ich gerne was mich selber begeistert und baue dies in unsere Lehrmaterialien und Bücher ein, die ich zusammen mit Frank verfasse und gestalte.

Hallo, mein Name ist Frank,

Vögel haben mich bereits sehr jung fasziniert und seit meiner Jugend begeistere ich mich für Outdoor- und Survival-Aktivitäten, sei es mit dem Kanu in Kanada oder auf verschiedenen Wegen in Skandinavien. Als Zahntechniker ist dies auch ein guter Ausgleich zu meiner ansonsten eher „indoor“ stattfindenden Arbeit. Seit den nun fast 30 Jahren, die Rita und ich gemeinsam in der Natur unterwegs sind, habe ich einiges an Pflanzen- und Pilzkenntnissen hinzu gewonnen. Mein Part in unseren gemeinsamen Seminaren ist es, aufzupassen, dass es nicht zu „akademisch“ wird – und immer wieder allgemeine Fragen zu stellen und „die Bodenhaftung“ zu behalten. So ist aus unseren gemeinsamen Entdeckungen zum Beispiel die Ausbildung zum PilzCoach entstanden.

Artikel: 109