Am Samstag wurde im Rahmen der Tagung der DGfM der Pilz des Jahres 2024 vorgestellt: der Schopf-Tintling. Damit wurde ein Speisepilz gekürt, der zudem weitere spannende Eigenschaften hat: Mit der licht- und dokumentenechten Tinte schrieben sich unsere Ahnen Briefe, in denen wir noch nach 100 Jahren mit dem Mikroskop die Sporen nachweisen können.
Links: Gerhard Schuster stellt den Pilz des Jahres vor.
Mitte: Schopf-Tintlinge im Kopfsteinpflaster.
Rechts: Foto von Peter Specht: Schopf-Tintlinge heben den Sportplatz an.
Seine blutzuckersenkenden, immunstabilisierenden und verdauungsfördernden Eigenschaften machen ihn zu einem beliebten Vitalpilz. Auch seine Lebensweise ist interessant: Mit seinem Fadenwerk im Boden ist er in der Lage, kleineste Würmer im Boden (Nematoden) zu fangen und zu verdauen. Außerdem ist er einer der wenigen Lamellenpilze bei dem das Vergleichen von Bildern für die Bestimmung ausreicht. Doch trotz all dieser bemerkenswerten Eigenschaften schafft er es nicht in unsere Märkte – die Fruchtkörper zersetzen sich oft noch am selben Tag des Erscheinens zu Tinte. Sowie sich die weißen Lamellen rosa verfärben, sind sie nicht mehr genießbar. Damit ist es einfach unmöglich ihn zu transportieren und in den Handel zu bringen. Da hilft nur eins: selber sammeln! Die Chancen ihn zu finden sind auch sehr groß, denn er gedeiht im Gegensatz zu den meisten anderen Pilzarten auf eher nährstoffreichen Standorten, bevorzugt auf Grünstreifen entlang der Wegränder. Außerdem besitzt er bemerkenswerte Kräfte. Auf dem Bild vom Pilzsachverständigen Peter Specht ist zu sehen, wie er eine Tartanbahn einige Zentimeter angehoben hat, so dass die Bahn unbrauchbar wurde. Wir selber haben ihn in unserem Dorf in unglaublicher Anzahl zwischen Kopfsteinpflaster eines stillgelegten Weges gefunden.
Einige Funde: Königs-Fliegenpilz, Spei-Täubling, Stinkende Lederkoralle, Grauer Scheidenstreifling und Zunderschwamm
Bei so einer Tagung ist es faszinierend, wie viele Funde selbst in relativ trockenen Gebieten zusammengetragen werden. So viele Augenpaare finden einfach mehr, als wenn wir nur alleine unterwegs sind. Noch dazu gibt es hier viele Mykologen, die ihre Funde mikroskopieren und so viele Arten bestimmen können, bei denen wir ohne Mikroskop nur bis zur Gattung kommen. Am ersten Tagungstag sind wir mit einer Gruppe weiterer Pilzverrückter im Ölschnitztal unterwegs gewesen. Hier haben wir entlang des Bachlaufes einige tolle Funde machen können. Dabei waren alleine 8 Wulstlingsarten (Gattung Amanita) und eine wunderschöne Gruppe Königs-Fliegenpilze (Amanita regalis). Unsere Liste der gefundenen Pilzarten ist beim Naturgucker eingetragen. Dabei haben wir etwa ein Viertel der Arten selber gefunden, ein weiteres Viertel haben uns die Pilzfreunde in unserer Nähe direkt im Gelände gezeigt und die Hälfte der insgesamt 100 Arten haben eifrige Mykologen mikroskopisch bestimmt und dann in die Fundlisten nachgetragen.
Fundbesprechung für Einsteiger (Foto von Harry Andersson)
In einer Ausstellung der gefundenen Pilze konnten dann die Sammler aller Gebiete ihre Funde vergleichen und bestaunen – Dank der systematischen Karten von Barbara Vogel und Volker Westermann auch anschaulich geordnet.
Schwarzflockiger Dachpilz, Düsterer- und Strubbbelkopf-Röhrling, Laubholz-Harzporling und Steinpilz
Am Samstag waren wir im Tschirner Ködel unterwegs – hier haben wir in dem Buchen- und Mischwaldgebiet einen wunderschönen Schwarzflockigen Dachpilz gefunden (Pluteus umbrosus). Diese Art zersetzt alte Laubholzstämme und ist ein Zeiger für Naturnähe. An dem filzigen, braunen Hut, den schwarzen Lamellenschneiden, freien Lamellen und rosabraunen Sporenpulver ist er sicher zu erkennen. Auf diesem alten Stamm haben wir neben weiteren Arten alleine drei verschiedene Schleimpilze gefunden. Sie sind ein ganz eigenes Reich für sich und stehen systematisch den Tieren näher als den Pflanzen oder Pilzen. Ihre Vermehrung geschieht allerdings auch über Sporen, ebenso wie bei den „echten“ Pilzen.
Drei verschiedene Schleimpilze auf einem Buchenholzstamm
Auch hier haben wir die Erfahrung gemacht, dass die gesamte Gruppe von über 30 Personen etwa doppelt so viele Arten entdeckt hat, wie wir zu zweit – und Dank der mikroskopischen Nachbestimmung sind auch einige „kniffelige“ Arten dabei. Doch es gab auch einige eindeutige wie die Düsteren- (Porphyrellus porphyrosporus) und Strubbelkopf-Röhrlinge (Strobilomyces strobilaceus), die zwar für Röhrlinge ungewöhnlich aussehen, aber dadurch wiederum eindeutig zu bestimmen sind. Die gesamten Funde sind hier beim Naturgucker eingestellt. Die Fundpunkte sind dann später auch unter pilze-deutschland.de zu finden.
Erbsenstreulinge
Auch beim Rundgang um das Gewässer am Schieferpark selber haben wir einen für uns spannenden Erstfund gemacht: den Erbsenstreuling (Pisolithus arhizus). Er wird auch „Schiefertrüfel“ genannt und soll ein schmackhafter Würzpilz sein. Peter Karasch hat ihn für uns getrocknet und wir haben ihn bei der Pilzwoche in Italien in einer Pilzsauce probiert. Inzwischen ist auch das Interview mit Marius Seiler in diesem Podcast zu hören und ihr erfahrt unter anderem was mich an Pilzen inspiriert.
Auch ansonsten ist der Schieferpark ein spannendes Gelände, auf dem vom Mittelalter an bis zur Jahrtausendwende Schiefer abgebaut wurde. In einem Miniaturdorf, Museum und Teilen der alten Anlage kann man sich ein Bild von dieser unglaublich anstrengenden Bergbautätigkeit machen.
Herzlichen Dank an alle Pilzfreunde, die unsere Pilzbegeisterung geteilt haben. Wir freuen uns schon auf weitere gemeinsame Entdeckungen bei einer der nächsten Tagungen der DGfM.