Wir haben die letzte Woche an der dänischen Ostseeküste verbracht und die Natur dort erkundet. Es gibt wohl wenig Orte wie an einer Steinküste, wo sich das Wurzelwerk so gut anschauen lässt. Hier ist gut zu sehen, wie sich der Boden von den unteren Schichten bis zur Oberfläche immer mehr mit Humus anreicht.



Dies ist dem Wirken unzähliger Lebewesen zu verdanken: Pflanzen die ihre Wurzeln in den Boden treiben, mikroskopisch kleine bis zu regenwurmgroße Tiere, für unser Auge unsichtbare Bakterien und Pilze. Alle zusammen schaffen sie großartiges: aus unbelebter Materie wird Nährboden für alles das, was uns die Basis zum Überleben sichert: von der Luft, die wir atmen bis zum Obst und Gemüse, das wir genießen.



An der Steilküste lässt sich gut beobachten wie die Wurzeln der Bäume den Boden vor Wind und Wellen schützen. Natürlich hat dies seine Grenzen und irgendwann trotzen auch die stabilsten Bäume den Wettereinflüssen nicht mehr. Doch dort, wo der Acker direkt bis an die Abbruchkante reicht, hat das Meer schon weitaus mehr von der Küste zurückerobern können, als dort, wo kräftige Büsche und Bäume gedeihen. Nicht umsonst werden diese vielerorts ganz gezielt zur Dünenbefestigung gepflanzt.

Für unser Auge unsichtbar tragen Pilze im Boden zum Gelingen bei. Sie unterstützen die Pflanzen bei ihrem Wachstum und machen den größten Anteil der organischen Masse im Boden aus. Mehr als alle Kleintiere, Bakterien und Pflanzen. Dazu sondern sie einen Stoff (Glomalin) ab, der die Bodenstruktur sowie Wasserspeicherung und Wasserdurchlässigkeit verbessern – und dies völlig kostenlos und viel effektiver als alle Drainagerohre im Acker dies in den durch landwirtschaftliche Maschinen verdichteten Böden könnten. Dazu können Pilze Dünger und Gifte überflüssig machen.



Wir finden diese Woche ein paar ihrer Fruchtkörper an abgestorbenem Holz – typische Winterpilze wie Samtfußrüblinge, Judasohren und Austernseitlinge. Wenn wir die Fruchtkörper von Pilzen betrachten, wird unser Empfinden, wie die Dinge sind und wie sie scheinen, scheinbar auf den Kopf gestellt. Sie sehen mit ihren Myzelsträngen an der Basis häufig so aus, als ob sie „Wurzeln“ besäßen. Doch es ist genau anders herum: Aus den im Substrat befindlichen haarfeinen Pilzfäden verdichten sich einige zu einem Fadengeflecht, dass dann die sichtbaren Fruchtkörper hervorbringt.



Am Strand können wir Algen entdecken, die aussehen, als ob sie aus Steinen wachsen würden. Sie sind mit ihren Haftorganen so fest „verwurzelt“, damit sie im bewegten Wasser nicht fortgespült werden. Doch manchmal werden sie mitsamt ihres „Ankers“ an den Strand gespült, so dass sie für uns beim Strandspaziergang sichtbar werden.

Vielleicht lohnt es sich also, unvoreingenommen mit neuem Blick an die Dinge heranzugehen. Vielleicht ist es Zeit, ganz neu zu erfinden, was ein Acker ist, wie eine Wiese aussieht oder was die Aufgaben unsere Forstwirtschaft sind. In der Permakultur sind diese Denkansätze längst gedacht – wir sind sehr gespannt, wann wir in großem Maßstab aufhören, die Äste abzusägen, auf denen wir sitzen.
Schließlich wollen wir unsere Erde noch lange genießen, Vielfalt entdecken, Pilze finden und unseren Nachkommen bunte und vielfältige Landschaften hinterlassen. Dass wir Menschen dazu fähig sind, haben wir längst bewiesen. Schließlich war die artenreichste Zeit in Mitteleuropa als wir Menschen sesshaft wurden und noch kein Kunstdünger eingesetzt wurde. Damals waren wir gezwungen mit den Kreisläufen der Natur zu wirken – wir könnten uns doch mit Freude und Genuss wieder daran erinnern. Mit diesem Ziel haben wir die PilzCoach-Ausbildung entwickelt. Sie rücken die tief im Boden verwurzelten und lange vergessenen Organismen im Boden ins rechte Licht: die Pilze.