Von Rotkappen, Strandpflanzen und nordischer Natur – Eindrücke unserer Skandinavien-Reise im Juli 2023

An der Küste

Die heißen Sommertage Anfang Juli waren ideal für das Erkunden von Strand- und Dünenpflanzen. Diese Überlebenskünstler meistern ein Leben in den Grenzbereichen zwischen Meer und Land im ständigen Wettstreit mit den Kräften der Natur. Neben den heftigen Winden, die mit Salz und Sand beladen auf die Blätter einwirken, trotzen sie einer starken Sonneneinstrahlung und gedeihen auf den durchlässigen, humusarmen Sandböden mit hoher Salzbelastung . Viele hier lebende Arten ähneln den Sukkulenten der Wüsten. Die meisten von ihnen verfügen über ein kräftiges Wurzelwerk. Über leben sie mit Pilzen im Boden verbunden. In Dänemark haben wir ein paar recht seltene Strandpflanzen finden können, wie Meerkohl, Meersenf, Salzkraut, Salzmiere, Strand-Mannstreu (Stranddistel) und Strandkresse. Letztere gehört zu den Kreuzblütlern, wird wegen ihrer Schärfe auch Pfefferkraut genannt und seit dem 12. Jahrhundert als Küchenkraut kultiviert. Einen umfangreichen Artikel mit Rezepten über einige Küstenpflanzen gibt es in dieser Ausgabe von Thieme

Ganz anders präsentiert sich die schwedische Küste im Naturreservat Hovs Hallar mit windgepeitschtem Wacholder, urwüchsigen Mehlbeeren und Strandpflanzen der steinigen Küsten. Auch an der Felsenküste am Leuchtturm von Bua hat es uns sehr gut gefallen. Beeindruckend ist immer wieder die kleinräumig wechselnden Naturräume. Hier finden wir keine 100 m von der Küste entfernt Moore mit Süßwasser und Heidevegetation.

Insgesamt ist die Landschaft noch nicht so sehr durch Eintrag von Nährstoffen aus der Landwirtschaft geprägt wie bei uns – das zeigt sich beispielsweise an den nährstoffarmen Gewässerufern mit Pflanzen wie der Lobelie, die in Deutschland zu den vom Aussterben bedrohten Arten gehört. 

Moore

Natürlich haben wir auch mit dem skandinavischen Regen Bekanntschaft gemacht. Er ist es, dem wir die vielen Hochmoore zu verdanken haben. Sie werden – anders als Niedermoore – ausschließlich vom Niederschlagswasser gespeist. Das Grundgerüst, den Torf, bilden die Torfmoose (Sphagnum). Sie sterben an der Basis ab und wachsen an der Spitze im gleichen Ausmaß nach – und dies sogar im Winter, wenn die Klimaverhältnisse milde genug sind. Die Aufschichtung ständig neuer Lagen abgestorbener Torfmoose führt zum Moorwachstum. Dabei braucht ein Moor für eine ca. 2,5 cm dicke Torfschicht etwa 100 Jahre. Dieser Lebensraum ist extrem mager und sauer. Während Sonnentau die fehlenden Nährstoffe durch den Verzehr tierischer Nahrung ergänzt, die er in den klebrigen Blättern fängt, wachsen Heidekrautgewächse in Symbiose mit Pilzen (Mykorrhiza), die ihnen Mineralstoffe zuführen. Es gibt nur wenige Pflanzen-, Pilz- und Tierarten, die sich hier behaupten können. 

Wie schnell wachsen Rotkappen?

Nach einem Besuch bei Kerstin in ihrem Kräutergarten und Atelier ging es weiter nach Norwegen. Dort hatten wir eine tolle Gelegenheit an 5 verschiedenen Standorten Rotkappen über eine Woche lang in ihrem Wachstum zu beobachten. Anders als wir es bei uns gewohnt sind, vor allem Birken-Rotkappen zu finden, gab es dort sehr viele Fichten- und Kiefern-Rotkappen, die bei uns sehr selten sind. In diesem Bild könnt ihr euch anschauen wie sich die Rotkappen entwickelt haben.  

Doch auch ansonsten haben wir einige tolle Pilzfunde und leckere Mahlzeiten mit Pilzen gehabt. Ein besonderes Highlight waren die Wohlriechenden Korkstachelinge, Dunkle Lackporlinge an Nadelholz, Wurzelschnitzlinge, Tentakelkeulchen und kleine Rötlinge mit schwarzen Lamellenschneiden, die wir trotz dieses auffallenden Merkmales ohne Mikroskopie nicht weiter bestimmen konnten. 

Fazit: in der skandinavischen Natur gibt es noch so viel zu entdecken, dass wir bestimmt wieder dorthin fahren werden! 

Rita & Frank
Rita & Frank

Hallo, mein Name ist Rita,

seit meiner Kindheit bin ich gerne in der Natur unterwegs und mache dort unzählige kleine und große Entdeckungen. Die Faszination dieser unerschöpflichen Quelle von bunten Formen, spannenden Beobachtungen und leckeren Pflanzen und Pilzen treibt mich auch heute noch an. Das Biologie-Studium und meine anschließende Promotion mit Schwerpunkt Botanik hat mir einiges an Fachwissen gebracht, doch mich auch nahezu das Staunen und die Ehrfurcht und Demut vor der Schöpfung vergessen lassen – all dies und noch viel mehr habe ich wieder gefunden. Bei verschiedenen Bildungseinrichtungen biete ich Seminare zu Pflanzen und Pilzen an – inzwischen meist zusammen mit meinem Mann Frank. Außerdem male und fotografiere ich gerne was mich selber begeistert und baue dies in unsere Lehrmaterialien und Bücher ein, die ich zusammen mit Frank verfasse und gestalte.

Hallo, mein Name ist Frank,

Vögel haben mich bereits sehr jung fasziniert und seit meiner Jugend begeistere ich mich für Outdoor- und Survival-Aktivitäten, sei es mit dem Kanu in Kanada oder auf verschiedenen Wegen in Skandinavien. Als Zahntechniker ist dies auch ein guter Ausgleich zu meiner ansonsten eher „indoor“ stattfindenden Arbeit. Seit den nun fast 30 Jahren, die Rita und ich gemeinsam in der Natur unterwegs sind, habe ich einiges an Pflanzen- und Pilzkenntnissen hinzu gewonnen. Mein Part in unseren gemeinsamen Seminaren ist es, aufzupassen, dass es nicht zu „akademisch“ wird – und immer wieder allgemeine Fragen zu stellen und „die Bodenhaftung“ zu behalten. So ist aus unseren gemeinsamen Entdeckungen zum Beispiel die Ausbildung zum PilzCoach entstanden.

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